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Hg. von Marie Drath, Stefanie Heine, Tatjana Hofmann, Reto Zöller
Für das Verständnis einer grundsätzlichen Mehrsprachigkeit literarischer Texte stellt Michail Bachtins Konzept der Redevielfalt bis heute einen prägenden Ansatzpunkt dar. Literatur, die Redevielfalt zum Ausdruck bringt, bewegt sichinnerhalb eines doppelten Bezugssystems. Sie nimmt die Mehrsprachigkeit des Aussen auf und reflektiert sie in ihrer eigenen Form. Literarische Mehrsprachigkeit bietet einen Ort der Inszenierung und Auslotung des Mehr-Sprachlichen, das konstitutiv an der Struktur der jeweiligen Texte mitwirkt. Zum einen betritt man die vielfältig ausgeprägten, historisch und sozial konnotierten ,Räume‘ unterschiedlicher Arten von Sprachbewusstsein und -praktiken. Gleichzeitig markiert die Mehrsprachigkeit aber immer auch einen Ort der radikalen Sprachautonomie von literarischen Texten selbst. Literarische Mehrsprachigkeit bedeutet somit auch eine gesteigerte Aufmerksamkeit für das konkrete Zusammenwirken unterschiedlicher Merkmale einer ‚poetischen Funktion‘ der Sprache: Rhetorische Figuren, metrische Äquivalenzen, gattungsbedingte Sprachmuster u. v. m. lassen sich als Möglichkeiten begreifen, Redevielfalt in den einzelnen literarischen Texten poetisch umzusetzen.
Thematische Beiträge
Monika Schmitz-Emans: Sprachenvielfalt und Sprachenmischung in der jüngeren Artusliteratur
Ralf Junkerjürgen: Der implizite Übersetzer. Zur unterdrückten Mehrsprachigkeit im europäischen Abenteuerroman
Seynabou Ndiaye: Anders in der ‚eigenen‘ Sprache schreiben. Ahmadou Kouroumas Schreibverfahren in Allah n’est pas obligé
Miriam Finkelstein und Diana Hitzke: Mehrsprachigkeit in der translingualen russischen und postjugoslawischen Gegenwartsliteratur
Julie Hansen: „Botanical Confusion“ and the Strangeness of Language in Two Works by Olga Grushin
Emilio Sciarrino: « Je suis une multitude ». Les formes du sujet plurilingue
Monika Kasper: Wer ist vers – Rilkes orphische Ursprache
Simon Aeberhard: Zur ‚Sprachigkeit‘ der Schrift. Mehrsprachigkeit in Arno Camenischs Bündner Trilogie
Marco Baschera: L’hésitationtourne en poésie – Das Zögern wird zum Gedicht. Mehrsprachigkeit in der Forschungswerkstatt ‚Schweizer Lyrik‘
Forum
Mathilde Vischer: Traduire le discours rapporté dans le VIIe chapitre du Procès de Kafka
Léonce W. Lupette: Ignopatrio. Zu zwei sprachmischenden Gedichten von Jorge Kanese
Esther von der Osten: „Comment penser à la traduction?“ Lektüre-Etüde zur Übersetzung von Hélène Cixous’ Text Insister. An Jacques Derrida
Literarische und künstlerische Beiträge
Kurt Heinzelman: From Intimacies & Other Devices
Mahrou M. Far: Extraits de Ambre et lumière (une enfance persane)
Carlo Spiller: DAS KONZERT
Cécilia Camoin: Michel
Sabine Haupt: Moški und Ženska nehmen sich beim Wort
Dimitri Dragilew: Стихотворения | Gedichte, aus dem Russischen von Alexander Filyuta und Hendrik Jackson
Michoel Felsenbaum: רעקוויעם | Requiem, aus dem Jiddischen von Marie Drath
Rezensionen
Terézia Mora, Das Ungeheuer (Szilvia Gellai)
Roger Perret (ed.), Moderne Poesie in der Schweiz. Eine Anthologie; Luzius Keller (ed.), Modern and Contemporary Swiss Poetry. An Anthology (Forian Bissig)
Dominik Riedo, Wolf von Niebelschütz. Leben und Werk. Eine Biographie (Moni Nicole Kreidi)
Uta Degner und Elisabetta Mengaldo (Hgg.), Der Dichter und sein Schatten. Emphatische Intertextualität in der modernen Lyrik (Charles de Roche)
Bernhard Böschenstein, Die Sprengkraft der Miniatur. Zur Kurzprosa Robert Walsers, Kafkas, Musils, mit einer antithetischen Eröffnung zu Thomas Mann (Christian Villiger)
Marina Dmitrieva (Hg.), Zwischen Stadt und Steppe. Künstlerische Texte der ukrainischen Moderne aus den 1910er bis 1930er Jahren (Tatjana Hofmann)